So 12.09.2021 I 15 Uhr (1. Termin) und 16.30 Uhr (2. Termin)
Führung zum Tag des offenen Denkmals

mit Dr. Philipp Scheid (Leitung Abt. Kultur / Landkreis Emsland)
Die ‚virtuelle Realität‘ barocker Interieurs
Führung zu den flämischen Tapisserien im Antichambre des Clemenswerther Hauptschlosses
„Sein Schloss ist daher auf die angenehmste Weise ausgeziert, seiner Zimmer gleichen Lauben, seine Säle Wäldern, seine Cabinette Grotten, so schön und schöner als in der Natur (…).“ Diese Worte, Goethes humoristischem Drama Der Triumph der Empfindsamkeit (1778) entlehnt, könnten in vielerlei Hinsicht auf die Innendekorationen des Jagdschlosses Clemenswerth bezogen werden. Was überdies den Bauherrn von Clemenswerth, den Wittelsbacher Prinzen und Kurfürsten Clemens August, mit Goethes fiktivem Prinzen Dronaro verbindet, ist der Wunsch, sich „eine Welt in der Stube“ erschaffen zu wollen.
Besonders deutlich artikuliert sich dieser gestalterische Anspruch in den flämischen Tapisserien, die Clemens August für das Vorzimmer (frz. Antichambre) im Obergeschoss des Zentralpavillons anfertigen ließ. Die kostbaren Wandbilder stellten Einfluss und Kunstverstand des Hausherrn eindrucksvoll zur Schau, trugen aber ebenso zur virtuellen Öffnung des Raumes bei. Als „Illusionsapparate“ (Hermann Bauer) beförderten die kunstvoll gewirkten Wandbehänge zugleich ein imaginäres Lustwandeln durch pastorale Bildlandschaften, die der strengen, geometrischen Ordnung des äußeren Barockgartens jedoch diametral entgegenzustehen scheinen. Nicht zuletzt aufgrund ihrer räumlichen Situation – die Werke befinden sich an der Schwelle zu den ehemaligen kurfürstlichen Schlafgemächern – kommt den Tapisserien eine besondere Bedeutung innerhalb des ursprünglichen Ausstattungskonzepts zu.
Die Betrachterin oder der Betrachter erliegt jedoch noch einer anderen optischen Täuschung, da es sich bei dem Bildteppich um eine Nachbildung des Originals handelt, das Ende des Zweiten Weltkrieges verloren ging. Über „Schein und Sein“, das Motto des diesjährigen Tages des offenen Denkmals, lässt sich anhand der flämischen Verdüren auf Schloss Clemenswerth also trefflich diskutieren.
Während der Führung sollen Funktion und Wahrnehmung textiler Bilder ebenso erörtert werden wie museale Aspekte der Rekonstruktion historischer Ausstattungsgegenstände.
Regulärer Museumseintritt